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Fragen und Antworten

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Ersatzbrennstoffanlage oder Großmüllverbrennungsanlage?
Was weiß man genauer über den Müll, der verbrannt werden soll?
Soll auch Müll aus dem Grünen Punkt System verbrannt werden?
Was sollte man denn sonst mit diesem Müll machen, wenn nicht verbrennen?
Durch Müll als Brennstoff wird man doch unabhängiger vom Ausland?
Die Verbrennung von Müll spart Kohle oder Gas und schont damit die Umwelt?
Infraserv schreibt auf ihrer Website, der Müll käme gar nicht aus dem Ausland?
Entspricht die Anlage wirklich dem Stand der Technik?
Die Infraserv hat doch ein Öko-Audit durchführen lassen?
Was sagt denn Infraserv zu den Überschreitungen der Stickoxidgrenzwerte?

Ersatzbrennstoffanlage oder Großmüllverbrennungsanlage?

Die Bezeichnung „Ersatzbrennstoffanlage” wird von Infraserv verwendet. Ersatzbrennstoff klingt besser als Müll. Doch bei den Stoffen, die in der Anlage verbrannt werden sollen, handelt es sich ausschließlich um Müll. Sowohl Siedlungsmüll, als auch Gewerbemüll. Der einzige Unterschied zu „normalem” Müll ist nur, dass der Ersatzbrennstoff (EBS) genannte Müll vorsortiert wurde. Die Teile müssen trocken sein, in der Summe einen ausreichenden Brennwert haben und klein sein, damit sie in dem Wirbelschichtofen verwirbelt werden könnnen. Da die Anlage extrem groß ist, nennen wir sie Großmüllverbrennungsanlage.

Was weiß man genauer über den Müll, der verbrannt werden soll?

Laut Antragsunterlagen soll von geschreddertem Sperrmüll über Gewerbemüll bis zu Sortierresten aus der Hausmüllsammlung alles in die Anlage. Im Erörterungstermin wurde bekannt, dass die Infraserv als Abfall aus der Anlage 19.000 Tonnen Eisenschrott pro Jahr beantragt hat. Wir fragten nach, woher diese großen Mengen an Eisenschrott herkommen, und erfuhren, dass diese Eisenmengen aus dem Brennstoff selbst stammen. Es handele sich zum Beispiel um Kronkorken und um in Holz eingedrehte Schrauben. Man kann sich vorstellen, aus welch bunter Mischung dieser Müll besteht, wenn solche Mengen Kronkorken, Schrauben und andere Eisenabfälle darin enthalten sind. Reines Eisen ließe sich übrigens über Magnetabscheider heraustrennen, die 19.000 Tonnen Eisenschrott bleiben übrig, weil an dem Eisen noch zu viele andere Stoffe haften. Müll eben.

Soll auch Müll aus dem Grünen Punkt System verbrannt werden?

Die Infraserv schreibt dazu auf ihrer Website, Stand vom 17.3.2007: „In der Ersatzbrennstoff-Anlage im Industriepark Höchst werden keine Abfälle unsortiert verbrannt, deren Sammlung und Verwertung von der „Duales System Deutschland GmbH” organisiert wird und die über den „Gelben Sack” erfolgt.

Das liest sich erst mal wie eine klare Ansage. Kein Müll aus dem Gelben Sack (in Frankfurt die Gelbe Tonne) also. Kein Müll, für dessen Sortierung und Getrenntsammlung wir Verbraucher im Laden „Grüne Punkt Gebühr” bezahlt haben. Prima. Nur steht wenig später im gleichen Absatz 3.2 auf der Website der Infraserv:
Ersatzbrennstoffe können auch aus den Sortierresten der über den „Gelben Sack“ gesammelten Abfälle gewonnen werden, aber erst nachdem die stofflich verwertbaren, recycelbaren Abfälle von den EBS-Lieferanten aussortiert wurden. Aufgrund des Energieinhaltes dieser Sortierreste werden diese einer thermischen Verwertung zugeführt”.
Also doch. Diese Aussage deckt sich auch mit den Antragsunterlagen. Das Ganze funktioniert so: Der im Gelben Sack oder in der Gelben Tonne getrennt gesammelte Müll wird erst mal zu Sortierbetrieben gefahren. Dann werden Teile, die man nach momentanem Stand wirtschaftlich verwerten kann, aussortiert und verwertet. Was man nicht verwerten will, bekommt den schönen Namen „Sortierrest” und wird als Ersatzbrennstoff der „thermischen Verwertung” zugeführt, zu deutsch, es wird verbrannt. Da dieser Müll aber den Umweg vom Gelben Sack über die Sortieranlage gegangen ist, behauptet nun die Infraserv in Zeile Eins dieses Absatzes, sie würde keinen Müll aus dem Gelben Sack verbrennen.

Das Problem ist jetzt, dass in Zukunft die Betreiber dieser so genannten Ersatzbrennstoffanlagen großes Interesse daran haben müssen, dass sich die stoffliche Verwertung von Abfällen aus der Grünen Punkt Sammlung nicht verbessert. Dann würden nämlich weniger Sortierreste zur Verbrennung übrig bleiben. Umweltpolitisch geht diese Entwicklung in die völlig falsche Richtung!

Was sollte man denn sonst mit diesem Müll machen, wenn nicht verbrennen?

Höchste Priorität in der Müllpolitik sollte die Vermeidung von Müll haben. Unser Lebensstandard steigt nicht dadurch an, dass wir besonders viel Müll produzieren. Häufig sollen Verbraucher mit aufwändigen, aber unnötigen Verpackungen zum Kauf eines Produktes verleitet werden. Das muss nicht sein. Man sollte daran arbeiten, die Verpackungsmengen wieder auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Zweite Priorität sollte die Verwertung von Abfällen haben. Dazu wurde ja die Getrenntsammlung eingeführt, dafür bezahlen wir Geld schon beim Kauf einer mit dem Grünen Punkt Zeichen verpackten Ware. Es gibt auch schon weit entwickelte Techniken zur Verwertung von Plastikverpackungen. Hierzu haben wir eine Extraseite erstellt: Stoffliche Verwertung ist möglich. Die Politik könnte hier noch unterstützend eingreifen. Wenn zum Beispiel weniger verschiedene Plastiksorten als Verpackungsmaterial verwendet würden, wäre das Recycling wesentlich einfacher und wirtschaftlicher durchzuführen. Die Politik muss außerdem zusätzliche Anreize setzen, damit mehr Plastik wiederverwertet wird. Durch die Zulassung dieser Abfälle zur Verbrennung dagegen passiert genau das Gegenteil, in Zukunft werden wieder Plastikabfälle verbrannt werden, die heute wiederverwertet werden!

Durch Müll als Brennstoff wird man doch unabhängiger vom Ausland?

Infraserv behauptet, man habe sich für eine EBS-Anlage entschieden, um die Versorgungssicherheit im Industriepark mit Strom und Dampf zu erhöhen. Fakt ist aber, dass durch die geplante Anlage nur etwa 20% des Strombedarfs des Industrieparks gedeckt würde. Und dies, obwohl es sich um die größte Anlage dieser Art in Deutschland handeln würde! Der Grund für die niedrige Effizienz der Anlage liegt im vergleichsweise schlechten Brennwert des eingesetzten Mülls im Vergleich mit Kohle oder Erdgas. Wenn es am Markt wirklich einmal zu einem Versorgungsengpass bei Kohle oder Erdgas kommen sollte, würden dem Industriepark diese 20% mit Müll erzeugtem Strom auch nicht wirklich helfen. Außerdem wird der Strom von der EBS-Anlage gar nicht direkt zu den Betrieben des Industrieparks weitergeleitet, sondern direkt in das Netz der RWE eingespeist. Die Betriebe des Industrieparks müssen dann den Strom von der RWE zurückkaufen. Von einer besonderen Versorgungssicherheit durch die Verbrennung von Müll kann also keine Rede sein!

Das Gegenteil ist der Fall: Sobald sich die Abfallgesetze der EU ändern und eine Reduktion von Abfällen sowie die Verwertung von Plastikabfällen statt der Verbrennung zwingend vorgeschrieben wird, haben wir im Industriepark eine Großmüllverbrennungsanlage ohne Müll als Brennstoff! Einfach mal davon auszugehen, dass sich in den nächsten 30 Jahren in der Müllpolitik nichts ändern und man schön fleißig den Müll zum Verbrennen vor die Haustüre gekarrt bekommen wird, ist eine gerade zu groteske Spekulation!

Die Verbrennung von Müll spart Kohle oder Gas und schont damit die Umwelt?

Plastik wird aus Erdöl gewonnen. Wenn man Plastik nicht wieder stofflich verwertet, sondern einfach verbrennt, muss man die entsprechende Menge Plastik neu aus Erdöl gewinnen. Der Gewinn für die Umwelt ist also gleich Null, es werden überhaupt keine fossilen Brennstoffe eingespart.
Am besten wäre es, man würde von vorneherein weniger Plastikverpackungen verwenden. Dies würde dann wirklich Ressourcen sparen und die Umwelt entlasten!

Infraserv schreibt auf ihrer Website, der Müll käme gar nicht aus dem Ausland?

Infraserv schreibt auf ihrer Website (Stand 17.3.2007) unter Punkt 3.7:

„ Muss Müll aus dem Ausland "importiert" werden, um die Anlage auszulasten?
Nein. Die Auslastung der Anlage ist bereits langfristig durch Verträge mit 14 EBS-Lieferanten gesichert, die zum Teil im regionalen Umfeld und alle in Deutschland ansässig sind und hier auch entsprechend ihre Abfallströme sammeln. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Materialien aus dem Ausland akquiriert werden müssen... ...Angesichts der vorhandenen Mengen, dem derzeitigen Verwertungsengpass und den enormen logistischen Kosten macht es für EBS-Lieferanten prinzipiell wenig Sinn, Ersatzbrennstoffe aus großer Entfernung, geschweige denn im Ausland zu akquirieren.”


Im Erörterungstermin war Infraserv deutlicher! Dort wurde klar gesagt, dass der Müll bevorzugt aus der Region, dann aus „Südwestdeutchland” und dann aus Europa beigeschafft werden soll. Gerade weil der sogenannte Ersatzbrennstoff nur eine kleine Fraktion aus dem gesamt anfallenden Müll darstellt, braucht man viele Millionen von Einwohnern, um die benötigten 700.000 Tonnen EBS pro Jahr zu erzeugen. Wenn Infraserv auf ihrer Website schreiben kann, dass der Müll nur aus Deutschland kommt, dann soll Infraserv das auch so beantragen!
Uns liegt eine Aufstellung der für die nächsten Jahre erwarteten Kapazitäten an neuen Müllverbrennungsanlagen und EBS-Anlagen vor (Quelle: Müllmagazin 06/2006). Danach sollen Müllverbrennungsanlagen mit einer Kapazität von 5.435.000 Tonnen pro Jahr in den nächsten Jahren dazukommen, außerdem EBS-Anlagen mit einer Kapazität von 7.770.000 Tonnen pro Jahr! Dazu kommen noch neue Kompostierungskapazitäten von 4.500.000 Tonnen im Jahr. Zusammen mit Sperrmüllverwertung und anderen Verwertungen wird für die nächsten Jahre ein Kapazitätszuwachs von insgesamt 19.305.000 Tonnen im Jahr erwartet!
Das heißt, es wird ein Hauen und Stechen um Verträge geben, die Preise, die man für die Entsorgung des angelieferten Mülls bekommt, werden in den Keller gehen, und natürlich wird man auch das Ausland in die Aquirierung von Müll mit einbeziehen!

Können wir uns gegen die große Infraserv überhaupt erfolgreich zur Wehr setzen?

Die 14 Verträge, die Infraserv jetzt schon abgeschlossen haben will, werden mit Sicherheit Ausstiegsklauseln beinhalten für den Fall, dass die Anlage nicht rechtzeitig fertig wird. Ein Ausstieg der Lieferanten würde aber angesichts der zu erwartenden Überkapazitäten an Entsorgungsanlagen und damit sinkender Preise bedeuten, dass Infraserv viel weniger Geld für den angelieferten Müll bekommt, als geplant. Damit wäre die gesamte Kalkulation der Anlage gefährdet, wenn es zu einer Verzögerung der Anlage käme. Es ist also zu befürchten, dass Infraserv hohen Druck auf die Genehmigungsbehörden und auch auf die Politik ausüben wird, um nicht in Verzug zu geraten. Man sieht auch jetzt schon, wie auf der Website der Infraserv die Dinge sehr einseitig dargestellt werden, und es gab auch schon die erste Zeitungskampagne der Infraserv in einem örtlichen Anzeigenblättchen. Doch die hohen Stickoxidemissionen der geplanten Anlage lassen sich nicht einfach vom Tisch wischen. Hier wird nun einmal der Immisions-Grenzwert überschritten, und dies stellt ein schwer zu überwindendes juristisches Hindernis dar. Wenn es gelingt, die Öffentlichkeit so zu mobilisieren, dass durch die Behörden wirklich genau hingeschaut und Recht und Gesetz eingehalten werden, kann die Anlage verhindert werden!

Entspricht die Anlage wirklich dem Stand der Technik?

Die Infraserv beruft sich auf die Einhaltung der 17. BImSchV, die zwar 2003 novelliert wurde, deren Grenzwerte aber seit gut 15 Jahren nicht mehr geändert worden sind. Der Stand der Technik hat sich aber inzwischen weiterentwickelt, und so wird zum Beispiel in Kiel eine Müllverbrennungsanlage gebaut, die deutlich niedrigere Grenzwerte einhalten kann (MVA Kiel, Europapark).

Die Infraserv hat doch ein Öko-Audit durchführen lassen?

Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU), auf die sich die Infraserv beruft, ist ein Witz verglichen mit der UVU, die bei einer geplanten EBS-Anlage in Gießen durchgeführt wurde. Während die UVU in Gießen ca. 200 Seiten umfaßt, kam man bei Infraserv mit gerade mal 60 Seiten aus, und dies, obwohl die Anlage in Höchst fast 30mal so groß werden soll, wie die in Gießen! Der Anwalt des BUND und der Stadt Hattersheim, Thomas Rahner, hat im Erörterungstermin zahlreiche Mängel der im Auftrag der Infraserv erstellten UVU aufgezeigt.

Was sagt denn Infraserv zu den Überschreitungen der Stickoxidgrenzwerte?

Die gemessenen Werte an Stickoxiden in Höchst liegen derzeit um ca. 17,5% über dem ab 2010 geltenden Grenzwert der EU. Infraserv fordert die Politik nun auf, die Stickoxidwerte durch Maßnahmen im Bereich Verkehr, Hausbrand usw. so zu reduzieren, dass die zusätzlichen Emissionen durch die EBS dann noch dazupassen würden.
Wir verweisen hierzu auf unsere Extraseite über Stickoxide: Stickoxide und Abfallverbrennung, auf der das Ausmaß der Belastung durch die geplante Anlage deutlich gemacht wird. Hier nur kurz zusammengefasst: Die Stickoxidemissionen des gesamten Industrieparks würde sich mehr als verdoppeln, die geplante Anlage würde so viele Stickoxide emittiern wie 114.000 PKW, die das ganze Jahr nur in unserer Region fahren dürften!
Angesichts so großer zusätzlicher Belastungen durch diese eine Anlage von der Politik zu erwarten, dass sie über den Luftreinhalteplan die anderen Verursacher so beschränkt, dass die Anlage der Infraserv dann wieder tolerierbar ist, halten wir geradezu für zynisch! Wenn es wirklich einmal gelingen sollte, die Belastung durch den Autoverkehr endlich deutlicher zu reduzieren als bisher, sollte man diesen Gewinn für die Gesundheit nicht durch eine neue Großmüllverbrennungsanlage kaputt machen! Völlig vergessen wird in der Argumentation der Infraserv übrigens die geplante neue Landebahn am Frankfurter Flughafen mit den vom dann extrem steigenden Flugverkehr hinzukommenden Emissionen!

Weitere Argumentationshilfen

Wer seine Argumente für die Diskussion mit der Bevölkerung weiter schulen will, sollte unseren Bericht über den Erörterungstermin lesen, in dem weitere Punkte, u.a. die Belastung durch den LKW-Verkehr, dargestellt werden. Erörterungstermin Großmüllverbrennungsanlage
Wenn dann immer noch häufig gestellte Fragen übrig bleiben, bitten wir um eine kurze mail mit der Darstellung dieser Fragen, wir bemühen uns dann darum, die entsprechenden Antworten kurz und knapp hier darzustellen!

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Thomas Schlimme
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